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Objekt des Monats
März 2020

Schloss Mühltroff – ein Beispiel für Kieselschiefer als Baumaterial im Vogtland

von Ferdinand Heinz (Dresden)


Natürliche Vorkommen von Kieselschiefer sind im Vogtland an vielen Stellen anzutreffen. Es handelt sich um sehr dichte, quarzhaltige und überwiegend schwarze, mitunter graugrüne Gesteine. Allgemein hat sich für diese Gesteinsart die Bezeichnung Radiolarit herausgebildet, mit der auf die einzelligen Radiolarien Bezug genommen wird, die für die Gesteinsbildung wesentlich waren. In den bayerischen, sächsischen und thüringischen Teilen des Vogtlandes ist jedoch die Bezeichnung Kieselschiefer verbreitet. Nach VINX hat sich für die paläozoischen Kieselschiefer auch der wissenschaftliche Begriff Lydit durchgesetzt.

Diese Gesteine entstanden in einem sapropelitischen Milieu (Faulschlämme) unter extrem euxinischen Bedingungen (sauerstoffarmes, schwefelwasserstoffreiches Milieu) vor allem im Silur (443 bis 419 Mio. Jahre) und treten oft wechsellagernd mit dunklen Alaunschiefern auf. Dabei sind sie plattig oder bankig ausgeprägt. Die Bruchflächen sind scherbenartig und splitternd, was zu messerscharfen Kantenausbildung führen kann.

Die Vorkommen sind über die vogtländische Hauptmulde verteilt und ziehen sich deshalb in einem Bogen von Wilkau-Haßlau bis in die Gegend um Pausa hin. Einzelne Kieselschieferbrüche haben wegen ihren Fossilfunden und stratigraphischen Verhältnissen überregionale Bekanntheit erlangt. Das trifft besonders auf jene bei Altmannsgrün nordwestlich von Oelsnitz i.V., bei Haselrain und am Engelspöhl von Ölsnitz i.V. zu.

Zahlreiche Aufschlüsse waren bereits in der vorindustriellen Phase das Ziel des regionalen wirtschaftlichen Interesses. Das ist einerseits ihrem verbreiteten Lagerstättengefüge (plattige Absonderungen) zuzuschreiben und andererseits der mineralogischen Härte des Quarzes als deren Hauptbestandteil. Verwendung fand der Kieselschiefer überwiegend als Straßenbeschotterungsmaterial. Weniger beachtet wurde bisher, dass er auch für Pflasterungen verschiedener Art und als Baustein Anwendung fand. Erhaltene Beispiele dieser Nutzungen im sächsischen Vogtland sind heute in geringer Zahl vorhanden und können nur mit großer Aufmerksamkeit gesucht und gefunden werden.

Schon in der vorindustriellen Zeit hat es intensive Nutzungen der kleinen Vorkommen gegeben, besonders wenn sie in der Nähe von wichtigen Fernstraßen lagen. Das ergab sich als ein Gebot der Praxis, niedergelegt in den Regularien des kurfürstlich-sächsischen Straßenbaumandats von 1781. Für den stetigen Bedarf an Ausbesserungsmaterial für die durch Wassereinwirkung und Nutzung stark beanspruchten Straßen war gerade ein so hartes und kaum Wasser aufnehmendes Gestein wie der Kieselschiefer von vorteilhafter Wirkung. Von den Steinschlägern wurde die Beschotterung der Straßenbautrasse besorgt, die das mit Fuhrwerken zum Verwendungsort transportierte Material bedarfsweise manuell auf brauchbare Größe zerschlugen.


Kieselschiefer, Lydite, Radiolarite in der Architektur

Als Baumaterial in der Architektur begegnet man dem Kieselschiefer als ein Gestein neben anderen. Er fällt durch seine schwarze Farbe mit einer starken, sich oft kreuzenden weißen Aderung auf. Die bisher beobachteten Architekturbeispiele enthalten Kieselschieferstücke mit teilweise abgerundeten Kanten und Ecken. Das kann als Indiz gelten, dass es sich hierbei um Flussgerölle handelt, die für bauliche Zwecke aufgearbeitet worden sind. Zwei eindrucksvolle Beispiele für die Verwendung als Baustein bietet das unverputzte Mauerwerk des Schlosses in Mühltroff und einige Kilometer westlich gelegen die Friedhofsmauer von Thierbach. Pflastersteine des Kieselschiefers als Bestandteil einer Wildpflasterung sind noch im innerstädtischen Bereich von Pausa erkennbar. Ein kleiner Abschnitt eines pflasterartig befestigten Feldweges befindet sich westlich von Langenbach bei der sächsisch-thüringischen Landesgrenze. Im Bruchsteinmauerwerk des Bergfrieds von Schloss Voigtsberg (Oelsnitz i.V.) wurden Kieselschieferstücke verbaut.


Über das Schloss Mühltroff

Das Schloss Mühltroff besteht aus mehreren Gebäudeabschnitten, die offenkundig verschiedenen baugeschichtlichen Zyklen entstammen. Der älteste erhaltene Schlossbereich des Komplexes mit seinem runden Bergfried im Zentrum wirkt in der Gesamtansicht sehr kompakt und mächtig. Er weist an seinen dem öffentlichen Straßenbereich zugewandten Fassadenflächen neben historischen Putzresten ein überwiegend aus Bruch- und Feldsteinen bestehendes Mauerwerk auf. Quader aus unterschiedlichen Gesteinen und mit winkligen Flächen versehene Bruchsteine in inhomogener Abfolge dienen zur Stabilisierung der Mauerungen an den meisten Ecken. Zudem gibt es zahlreiche Ergänzungen und spätere Ausbesserungen mit Ziegelsteinen.

Die erste urkundliche Erwähnung von 1349 bezieht sich auf eine Wasserburg, deren ursprüngliches Grabensystem heute nicht mehr vorhanden ist. Als Wasserzuführung kann die unweit vom Schloss im westlichen und historischen Ortsbereich von Mühltroff verlaufende Wisenta angenommen werden.

Im Schloss erfolgten mehrfach Umbaumaßnahmen mit baulichen Erweiterungen, so im 16. und 17. Jahrhundert und später noch einmal im Jahr 1857. Ein Brand im Jahre 1817 verursachte am Bauwerk erhebliche Substanzverluste und den notwendig gewordenen Rückbau eines gesamten Geschosswerks am Alten Fürstenhaus, das davon stark betroffen war.

Die unmittelbar seitlich und mit einem Übergang verbundene Schlosskirche im klassizistischen Stil entstand seit 1588 im Verlaufe baulicher Erweiterungen aus einer vorherigen Kapelle, die von den Plauener Vögten zu Andachts- und Begräbniszwecken genutzt worden war. Dem August-Bebel-Platz zugewandt erstreckt sich ein langer, verputzter Anbau aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts mit Arkadengang. Ihm schließt sich das von einem flachen und mit Ornamenten verzierten Architrav (Inschrift 1790) bekrönte Ganggebäude an, das den Hauptzugang zur Schlossanlage konstruktiv umfasst.

Die Mauern des alten Schlossbereichs sind ein Beispiel des historischen Hochbaus mit einer Kieselschieferverwendung, wo der Anteil dieser Gesteinssorte nicht hoch, jedoch auffallend ist. Neben Bausteinen in unregelmäßigen Formen aus grünem Tonschiefer, dunkelgrünem Diabas und schwarzen Pikriten sind hier als zugehauene Quaderstücke auch eine helle Buntsandsteinsorte und ein Knotenkalk erkennbar. Die Kieselschieferstücke sind in der Fläche des Bruch- und Feldsteinmauerwerks unregelmäßig verteilt. Durch ihren schwarzen Grundton mit den darin auffallend weißen Quarzaderungen treten sie für das Auge des Betrachters im unverputzten Mauerwerksverband meist gut sichtbar in Erscheinung.

Der Untergrund der Schlossanlage liegt nach der geologischen Karte (Blatt Lössau, Nr. 5437, Berlin 1912) im Bereich eines unterdevonischen Tonschiefers. Über die Herkunft der Kieselschieferstücke im Mauerwerk liegen keine Informationen vor. Auch ihre Form lässt kaum abgerollte Kanten erkennen, die auf einen längeren Transport in einem Flussbett schließen lassen. Ein gezielter handwerklicher Abbau hätte wahrscheinlich zu einem höheren Anteil im Mauerwerksverbund geführt. Daher ist auch bei dieser Steinsorte eine Herkunft über Lesesteinvorkommen als die wahrscheinlichste Variante in Betracht zu ziehen. Aus der erwähnten geologischen Karte ergeben sich in der Nähe von Mühltroff Kieselschiefervorkommen.




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Schloss Mühltroff - Gesamtansicht
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Schloss Mühltroff - gesehen vom August-Bebel-Platz
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Ansicht der Westfassade von Schloss Mühltroff
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Schloss Mühltroff - Südwestansicht
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Detail aus der Westfassade von Schloss Mühltroff
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Detail aus dem Mauerwerk von Schloss Mühltroff
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Friedhofsmauer in Thierbach/Pausa im Vogtland
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Wildpflasterstreifen in Pausa im Vogtland
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Pflaster in der Oberen Kirchstraße in Pausa
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Kieselschiefergerölle in einem Aufschluss
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Handstück eines Kieselschiefers


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Alle Bilder © Ferdinand Heinz (Dresden)

Objekt:
Schloss Mühltroff
weitere Objekte: Friedhofsmauer Thierbach, Straßenpflaster Pausa

Lage:
Sächsisches Vogtland
Schloss Mühltroff
August-Bebel-Platz 1, 07919 Mühltroff

GPS:
50.540531, 11.929989 Schloss Mühltroff
50.580103, 11.946867 Friedhof Thierbach/Pausa (Sommerstraße)
50.581067, 11.995156 Pausa im Vogtland (Ortsmitte/Obere Kirchstraße)

Entstehungszeit:
1349 erste urkundliche Erwähnung im Lehnsbuch Friedrichs des Strengen als "castrum", Anfänge jedoch früher

Baustil:
Mittelalterliche Burganlage, ursprünglich bestehend aus rundem Wehr- und Wartturm, später im Verlauf von Jahrhunderten erweitert mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden sowie einem Rittergut.

Gestein:
Radiolarit, Kieselschiefer, Lydit

Gesteinsart: Sedimentgesteine

Alter / Lithologie:
Silur, 443 bis 419 Mio. Jahre
Untersilur: Llandovery, Wenlock (Unterer Graptolithenschiefer), Unterdevon: Lochkov (Oberer Graptolitenschiefer)

Herkunft:
Vogtländische Hauptmulde

Abbau: eingestellt

Literatur:

DEHIO, G. et al. (1998): Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen II, Regierungsbezirke Leipzig und Chemnitz. München, Berlin.

FREYER, G. & TRÖGER, K.-A. (1965): Geologischer Führer durch das Vogtland. Leipzig.

FREYER, G. (1995): Geologie des Vogtlandes. Plauen.

PÄLCHEN, W. & WALTER, H. (2008): Geologie von Sachsen. Geologischer Bau und Entwicklungsgeschichte. Stuttgart.

VINX, R. (2005): Gesteinsbestimmung im Gelände. München, S. 323.


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