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Objekt des Monats
April 2020

Die Schmuckwanne im Atrium der Römischen Bäder, Sanssouci, Potsdam

von Angela Ehling (Berlin)


Gold, Silber, Edelsteine – daran denken wir bei wertvollen „Steinen“. Dabei handelt es sich jedoch um Minerale. Nichtsdestotrotz gibt es auch schöne, seltene, manchmal einzigartige Gesteine in der Natur, die entsprechend wertvoll sind. Sie wurden und werden gern als Schmucksteine in allen Dimensionen verwendet. Zu Dekorobjekten verarbeitet, stellten sie von jeher einen großen Wert dar und wurden auch gern verschenkt. In den Weiten Russlands gibt es einige sehr seltene und dekorative natürliche Gesteine, die zumindest seit dem 18. Jahrhundert abgebaut und sehr kunstfertig verarbeitet wurden.

Die Zaren schmückten ihre eigenen Paläste damit und verschenkten diese wertvollen Dekorobjekte an andere Königshäuser oder berühmte Personen. Nicht zuletzt wegen der engen verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen den Herrscherhäusern in Russland und den deutschen Landen gelangten einige dieser seltenen Naturstein-Objekte auch nach Deutschland. Insbesondere Zar Nikolaus I., dessen Mutter Prinzessin Marie Dorothee von Württemberg war und der 1817 Charlotte von Preußen, älteste Tochter König Friedrich Wilhelms III, heiratete, war diesbezüglich sehr großzügig. Zwei seiner Geschenke sollen an dieser Stelle in aufeinanderfolgenden Beiträgen vorgestellt werden.


Eine Schmuckwanne aus „Jaspis“ als Geschenk

Bei dem ersten Geschenk handelt es sich um eine Badewanne. Sie steht im Atrium der Römischen Bäder im Park in Potsdam. Der Gebäudekomplex wurde 1829-1840 im Auftrage des Kronprinzen Friedrich Wilhelm IV. im antiken Villenstil errichtet. Mit zahlreichen Ideen und Entwurfszeichnungen nahm der künstlerisch begabte Thronfolger großen Einfluss auf die Pläne des Architekten Karl Friedrich Schinkel. Die Bauleitung wurde dem Schinkel-Schüler Ludwig Persius übertragen.

Eigentliches Highlight - aus Sicht der Geologin und Gesteinsliebhaberin - ist die Schmuckwanne. Sie wurde mit gewaltigem technischen Aufwand aus einem einzigen Gesteinsblock geschliffen. 1834 schenkte Zar Nicolaus I. sie seinem Schwager Friedrich Wilhelm IV. Zunächst stand sie in der Rotunde des Alten Museums, seit 1837 ist sie an ihrem derzeitigen Standort.

Zurück zum Gestein: Die Wanne besteht aus einem einzigartigen Gestein, welches sich nur schwer petrographisch benennen lässt. Das grüne Gestein wird als grüner Bandjaspis oder auch „Revnevskij Jaspis“ („Rhabarber-Jaspis“) (nach dem Abbauort, dem „Rhabarber-Berg“) bezeichnet. Dieser „Jaspis“ ist in jeder Hinsicht ein exotisches Gestein. Er stammt aus dem Altai, aus dem Steinbruch der Kolyvansker Schleiffabrik am Revnevskij Gor (Rhabarber Berg) 25 km östlich der Stadt Zmejnogorsk. Der Abbau existiert zumindest seit 1800.

Bei näherer Betrachtung mit einem geologisch geschulten Auge entpuppt sich der „Jaspis“ (mikrokristalline Quarzvarietät) als ein völlig anderes Gestein. Es ist ein metamorphes Gestein: ein Hornstein, entstanden aus Schiefern und Schluffstein mit einer überaus interessanten und wahrscheinlich einmaligen Entstehungsgeschichte.

Das ursprüngliche Gestein bestand aus hellen und dunklen Schichten. Die farblosen Schichten bestehen aus feinkörnigem Feldspat (Albit + Mikroklin = 40-80 %) und Quarz (8-26 %). In den farbigen Schichten wird die Feldspatmasse pigmentiert durch Fe-haltige Minerale wie Diopsid, Epidot, Aktinolit (10-20 %), welche die Schichten in unterschiedlicher Intensität und Schattierung grün färben. In diesem geschichteten Gestein bildeten sich Linsen und Kluftausfüllungen (hellgrün-gelbfleckig). Diese „krochen“ in die Schichten in einer Art und Weise als wenn ein Maler neue Farbschichten auf alte auftragen würde. Dieses nun zweifach farbig gestaltete Gestein zerbrach und bewegte sich entlang der Bruchflächen 3-5 cm voran. Die Klüfte selbst wurden mit feinkörnigem weißen Albit ausgefüllt. Durch eine vielfache Wiederholung dieses Prozesses verlor das Gestein seine parallel geschichtete Zeichnung und bekam dieses an Brokat erinnernde Dekor Bulakh 2006).

Heute werden drei verschiedene Varietäten unterschieden: parallel gestreift; wellig gestreift, und kompliziert gezeichnet (Brokat). Durch die Lage der Schnittrichtung beim Bearbeiten der Werkstücke wird dieses natürliche Dekor noch vervielfacht. Das Gestein kommt in großen monolithischen Blöcken vor und erlaubt somit die Herstellung großer Objekte. Die Bearbeitung des Steins ist äußerst schwierig, da er sehr hart ist und zusätzlich an den Klüften leicht bricht.

1809 gelangte das erste Objekt aus diesem einzigartigen Material nach St. Petersburg.

Im 19. Jahrhundert wurden viele imposante Objekte aus dem „Revnevskij Jaspis“ gefertigt. Dazu gehören die „Königin der Vasen“ (1831-43) in der Eremitage und insbesondere 36 Säulen von 3-4 m Größe mit Basen und Kapitellen, die zwischen 1822 und 1862 für die Eremitage und das Sommerpalais in St. Petersburg sowie für die Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau angefertigt wurden (Bulakh 2006).

Ergänzung

Mein Dank für die Bereitstellung wertvoller Informationen gilt den Herren Prof. Andrej Bulakh aus St. Petersburg und Detlef Röper aus Potsdam-Sanssouci.

Erläuterung zum Titelbild:

Das Bild zeigt die Schmuckwanne in der Art antiker Bagnerolen aus "Revnevskij Jaspis" (Maße: 77,5 x 204,5 x 96,5 cm). Die Fußboden-Platten sind aus weißem, grauem und schwarzem Marmor aus Schlesien/ Polen.


Teil 2 dieses Beitrages folgt als Objekt des Monats Mai 2020.



"Revnevskij Jaspis" / "Rhababer Jaspis" (Detail). Bildbreite ca. 30 cm.
© Angela Ehling. Zum Vergrößern ins Bild klicken

Objekt:
Schmuckwanne im Atrium der Römischen Bäder

Lage:
Römische Bäder
Park Sanssouci, 14471 Potsdam

GPS:
52.397634, 13.028120 Römische Bäder

Entstehungszeit:
Anfang des 19. Jahrhunderts
1834 als Geschenk von Zar Nicolaus I. an seinen Schwager Friedrich Wilhelm IV. Seit 1837 an ihrem derzeitigen Standort.

Stil:
Wanne in der Art antiker Bagnerolen
Größe: 77,5 x 204,5 x 96,5 cm

Gestein:
"Revnevskij Jaspis" – "Rhabarber Jaspis"

Gesteinsart: Metamorphes Gestein (Hornstein)

Alter / Lithologie:
keine Angabe

Herkunft:
Revnevskij Gor (Rhabarber Berg) 25 km östlich der Stadt Zmejnogorsk, Altai Gebirge.

Abbau: mindestens seit 1800 bis ?

Literatur:

Булах, А.Г. (2006): Изделия из ревнёвской яшмы во дворцах и соборах Санкт-Петербурга и Москвы. В книге: Ювелирное искусство и материальная культура. СПб.: Гос. Эрмитаж. С. 163-169.


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