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Objekt des Monats
Dezember 2020

Große Granitschale vor dem Alten Museum im Berliner Lustgarten

von Gerda Schirrmeister (Berlin)


Die Große Granitschale ist eine bekannte Attraktion an prominenter Stelle im Zentrum von Berlin und bietet einen guten Ausgangs- und Treffpunkt für Stadtführungen verschiedener Art. Sie ist die größte aus nur einem Stein gefertigte Schale der Welt mit einem Umfang von fast 22 m. Im Oktober 2020 gelangte sie in die Schlagzeilen, als ihre kulturhistorische, handwerklich-technische und erdgeschichtliche Bedeutung missachtet worden war. Inzwischen sind die Schmierereien wieder entfernt worden (siehe aktuelles Foto). Erneute Hinweise auf Sachinformationen mit möglichst breiter Streuung erscheinen angebracht. Hier werden eine kurze Zusammenfassung sowie Anregung zum Schauen gegeben, mehr Informationen zu den vielfältigen Aspekten finden sich in der angegebenen Literatur und auch bei Wikipedia gibt es eine ausführliche und illustrierte Darstellung mit Quellenangaben.

Herkunft des Materials für die Schale

Das Material, aus der die Schale besteht, erzählt von sehr alter und ganz junger Erdgeschichte. Ursprünglich gebildet wurde der Granit im heutigen Skandinavien, genauer in Südschweden vor etwa 1.420 Millionen (= 1,42 Milliarden) Jahren. Schuddebeurs & Zwenger ordneten 1992 das Material dem Karlshamn Granit zu. Geht man etwas dichter an die Schale heran, kann man die großen länglichen rosafarbenen Feldspäte gut erkennen, bei denen häufig der eine Teil heller und der andere Teil dunkler erscheint (verwachsen nach dem Karlsbader Zwillingsgesetz). Außerdem entdeckt man mit bloßem Auge die durchscheinenden rundlich aussehenden Quarze und schwarze Biotite, die z. T. in Nestern oder Schlieren angereichert sind (Detailfoto unten).

Einen großen Teil des Transportweges Richtung Berlin erledigte das Inlandeis vor maximal 300.000 Jahren. Von dem in Südschweden aufgenommenen Granit gelangten zwei große Brocken mit dem Eis bis in die Gegend der heutigen Rauenschen Berge bei Fürstenwalde in Brandenburg, die später Großer und Kleiner Markgrafenstein genannt wurden.

Anfertigung der Schale

Die Arbeiten an der Schale begannen im Mai 1827 vor Ort in den Rauenschen Bergen. Beauftragt vom preußischen König Friedrich Wilhelm III. hatte der Steinmetz und Bauinspektor Christian Gottlieb Cantian die Schale entworfen und beaufsichtigte ihre Anfertigung. Nach der Spaltung des Großen Markgrafensteins wurde der Rohling vor Ort ausgemeißelt, auf Kiefernholzstämmen zum Wasserweg transportiert und auf einem eigens gefertigten Kahn nach Berlin geschafft. Hinter dem damaligen Packhof am Lustgarten wurde die Schale mit Hilfe von Dampfkraft geschliffen und poliert.

Aufstellungen der Schale

Karl Friedrich Schinkel hatte sich eine Aufstellung in der Rotunde des im Bau befindlichen - heute Alten Museums vorgestellt. Da aber ein noch größerer Durchmesser der Schale, nämlich fast 7 m, erreicht werden konnte als ursprünglich gedacht, stimmte der König einer Aufstellung im Freien zu. Nach einer provisorischen Aufstellung 1831, erfolgte die offizielle Übergabe der Schale an die Behörde des Königlichen Museums am 10. November 1834 auf den drei heute noch vorhandenen Füßen aus Granit.

1934 war die Schale den Nationalsozialisten bei der Umgestaltung des Lustgartens als Aufmarschplatz im Weg und wurde auf die Seite nach Osten hinter den Berliner Dom verfrachtet. Erst 1981 kehrte sie an ihren ursprünglichen Platz zurück mit den Einschusslöchern des Zweiten Weltkrieges.

Materialaustausch der Einfassung mit Bänken

Die bei der Aufstellung 1981 gefertigte Einfassung mit Bänken aus grauem Lausitzer Granit wurde im Zuge der Neugestaltung des Lustgartens 1997-99 durch den rötlichen französischen Granit oberdevonischen Alters (ca. 300 Millionen Jahre alt) aus der Bretagne mit dem Handelsnamen Rose de la Clarté ersetzt.






Die Granitschale im Lustgarten von Berlin. © Gerda Schirrmeister (Berlin), Dezember 2020.
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Detailansicht der Granitschale im Lustgarten von Berlin - Karlshamn Granit. © Gerda Schirrmeister (Berlin), Dezember 2020.
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Objekt:
Große Granitschale

Lage:
Lustgarten
10178 Berlin

GPS:
52.519107, 13.399153
Granitschale im Lustgarten

Entstehungszeit:
1827-1831 (Fußgestell 1834)

Entwurf:
Christian Gottlieb Cantian

Größe:
Durchmesser 6,91 m
Umfang 21,7 m
Gewicht ca. 75 Tonnen

Gestein:
Karlshamn Granit (Schale)
Rose de la Clarté (Einfassung mit Sitzbänken)

Alter / Lithologie:
1.420 Mio. Jahre (Karlshamn Granit)
ca. 300 Mio. Jahre (Rose de la Clarté)

Herkunft:
Karlshamn Granit

Primär: SE-Schweden, Region Bleckinge
als Geschiebe: SE Berlin (Fürstenwalde, Rauen)

Rose de la Clarté
Frankreich, Bretagne


Abbau:
Der Karlshamn Granit wurde an seinem Primärvorkommen bei Bleckinge in Südostschweden von 1850 bis 1940 abgebaut (wikipedia: Karlshamn)

Rose de la Clarté (auch: Carnelia, Bretonisch Rot): heute noch im Abbau

Literatur:

DAMASCHUN, F., JEKOSCH, U. & SCHROEDER, J.H. (2006): Die Große Granitschale im Lustgarten.- In: SCHROEDER, J.H. (Hrsg.): Naturwerksteine in Architektur und Baugeschichte von Berlin, Führer zur Geologie von Berlin und Brandenburg, Bd. 6: 119-120 (2. erweiterte Aufl.); Berlin (Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V.).

EINHOLZ, S. (1997): Die Große Granitschale im Lustgarten. Zur Bedeutung eines Berliner Solitärs.- In: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins, S. 41-62; Berlin.

SCHERHAG, L. (1978): Der Steinmetz und sein Material. Natursteinarbeiten in Deutschland. Beispiel Berlin. In: Bundesinnungsverband des Deutschen Steinmetz-, Stein- und Holzbilhauerhandwerks (Hrsg.): Ausstellungskatalog Urania Mai/Juni 1978: 4-5 und 51-53; Ulm (Ebner-Verlag).

SCHUDDEBEURS, A. P. & ZWENGER, W. H. (1992): Opzienbarende zwerfblokken 3. De Markgrafensteinen bij Fürstenwalde B.R.D.- In: Grondboor & Hammer, 46(1): 1-5 (Zeitschr. Nederlandse Geologische Vereniging). | zum Download bei natuurtijdschriften.nl (mit historischen Bildern) hier klicken.


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