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Objekt des Monats
September/Oktober 2025

Schauanlage und Museum der Granitindustrie (Häslich, Gemeinde Haselbachtal, Sachsen)

von Ferdinand Heinz (Dresden)


"Lausitzer Granit", das ist ein in der Natursteinindustrie fest etablierter Handelsname für ein weit über seine Herkunftsregion hinaus geschätzter Naturwerkstein. Die Oberlausitz in Sachsen kann auf eine mindestens 800-jährige Architekturgeschichte dieses Gesteins zurückblicken. Kirchenbauwerke, Bürgerhäuser, Rathäuser, Reste von Stadtbefestigungen, Brunnenanlagen und Straßenbeläge legen davon Zeugnis ab. Allein die nahegelegene Stadt Kamenz ist dafür ein sehenswertes Beispiel.

Einst konnte der Abbau des Lausitzer Granits im sächsischen Teil der Oberlausitz, der nach geologischen Gesichtspunkten ein Granodiorit ist, vielen Menschen der Region Lohn und Brot bringen. Einen besonders intensiven Umfang nahm der Abbau im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an. In diesem Zeitraum vervielfachte sich hier die Zahl der Steinbrüche. OTTO HERRMANN (1899: 198, 200), der Doyen der sächsischen Natursteinindustrie um 1900: „Die Industrie der sächsischen Lausitz gehört zu den bedeutendsten Granitindustrien Deutschlands; beträgt doch die Gesamtbelegschaft aller Brüche derselben gegen 4000 Mann. […] Dieser Granit ist durch manche besondere Eigenschaften ausgezeichnet, welche die enorme Entwicklung der Lausitzer Industrie ermöglichten.“

Es kann jedoch angenommen werden, dass im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit eine Gesteinsnutzung durch die Aufarbeitung von Blockfeldern an bestehenden, das Geländerelief überragenden Felsen stattgefunden hat. Dies war auch in vielen anderen Regionen eine verbreitete Praxis.

Es gibt nur noch wenige Einrichtungen, die in so überzeugender Weise an den sächsischen Werksteinabbau erinnern, wie im Ort Häslich (Gemeinde Haselbachtal) die Schauanlage und das Museum der Granitindustrie. Hier wurden nach 1990 in einem aufgelassenen Granodioritsteinbruch mit großem Engagement technische Anlagen und Gerätschaften aus anderen Steinbrüchen verbracht und funktionsfähig wiederaufgebaut.

Die Sammelaktivität für ein zu gründendes Steinbruchmuseum begann 1991. Im Jahre 1995 stellte der Landkreis Kamenz das Areal einer regionalen Arbeitslosen-Selbsthilfeorganisation zur Verfügung. Mit der erstmaligen Fördermittelbewilligung im Jahre 1999 begann die Wiedererrichtung maschineller und anderer technischer Anlagen im etwa 45 Hektar großen Steinbruchgelände „Prelle“. Das vollzog sich daher, weil der Steinbruch in der DDR-Zeit stillgelegt und danach von einer paramilitärischen Organisation genutzt wurde. In diesem Verlauf gingen die ursprünglichen Steinbruchanlagen verloren. Heute (2025) ist die Gemeinde Haselbachtal der Grundeigentümer und der Förderverein Schauanlage und Museum der Granitindustrie e.V. betreibt als Pächter das Museumsgelände.

Mehrere Einzelbereiche veranschaulichen die betriebstechnischen Komponenten und den Produktionsablauf aus einem technikgeschichtlichen Blickwinkel.

Ausstellungsraum

Ein großer Museumsraum in einem der Flachbauten bewahrt Werkzeuge, historische Fotos, Texte, Modelle und Gesteinsmuster aus den Granitabbaugebieten der Oberlausitz. Diese Ausstellung ist überaus reichhaltig.



Abb. 1: Der Museumsraum des Museums in Häslich.
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Steinbruchkontor

Nicht nur die schwere handwerkliche Arbeit in einem Steinbruch wird in der Schauanlage gezeigt. Auch die ortsnahe Verwaltung eines solchen Unternehmens, der Kontor, ist mit einer exemplarischen Raumausstattung nachempfunden. Neben einem wuchtigen Schreibtisch mit noch funktionsfähigem Wählscheibentelefon gibt es hier eine für heutige Verhältnisse überdimensionale Stechuhr zu sehen. Von hier aus wurde die Betriebsorganisation des Steinbruchs geführt.

Werksbahn

Eine besondere Besucherattraktion ist die Werksbahn, deren Gleise sich durch das Museumsgelände ziehen und an besonderen Tagen mit zwei kleinen Personenwagen in Bewegung gesetzt wird.



Abb. 2: Die Werksbahn in Häslich. Foto: © Gerd Palme.
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Krananlagen

Ein Kabelkran über dem Steinbruch sowie dessen 1:1-Modell, zwei Derrickkräne und ein Portalkran verdeutlichen die technischen Möglichkeiten des traditionellen Schwerlasttransports in einem Steinbruch.



Abb. 3: Ein Derrickkran in Häslich.
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Gatteranlage

Das Sägegatter zeigt, wie Rohblöcke in Unmaßtafeln oder Tranchen zerteilt wurden. Die klassischen sägezahnlosen Gatterblätter bewegten den mit Wasser eingespülten „Stahlsand“ in der Sägezone und bewirkten so die plattenförmige Zerteilung eines Gesteinsblockes. Dieser Arbeitsschritt erzeugte parallel zu den Gatterbewegungen eine leicht wellige Struktur auf der Gesteinsoberfläche, die im Fortgang mit Schleifmaschinen zunächst egalisiert werden musste. Die Besucher können ganz nah an das Antriebsschwungrad mit der mächtigen Pleuelstange herantreten. Der Portalkran vor diesem Gebäude ist erforderlich, um die schweren Gesteinsrohblöcke auf einen schienengeführten Wagen zu heben, der sie unter den Gatterrahmen bringt.

Werksteinbearbeitung

In zwei Steinmetzhütten kann man sehen, wie kleine Blöcke in Handarbeit zerteilt wurden. Diesen Arbeitsvorgang nennt man Spellen. Typische Produkte dieses Arbeitsvorgangs sind Borde (Bordsteine, Rasenkantensteine, grobe Abdecksteine). Zudem wurden hier handliche Rohstücke für die Pflasterspaltarbeit vorbereitet.

Eine Gelenkarmschleifmaschine und eine Ständerschleifmaschine repräsentieren die Technik des semimanuellen Oberflächenschliffs (Schliff und Politur).



Abb. 4: Wandarmschleifmaschine.
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Pflasterproduktion

In einer Werksbaracke stehen zwei Fallhämmer und eine hydraulisch betriebene Spaltmaschine, mit denen gespaltene Pflastersteine (Mosaik-, Klein- und Großpflaster) in Handarbeit hergestellt wurden. Solche Maschinen sind hierzulande nur noch selten erhalten geblieben.



Abb. 5: Pflasterspaltmaschine (Fallhammer). Links: Gesamtansicht, rechts: Detail.
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Andere Werkstattbereiche

Eine Steinbruchschmiede zur Aufarbeitung abgenutzter Handwerkszeuge mit funktionsfähigem Schmiedeherd steht zur Vorführung bereit. Nebenan ist die funktionsfähige Kompressorstation aufgebaut. Druckluft war ein wichtiger Energieträger und Betriebsmittel für die Steinbearbeitung. .

Besucherservice

Für die Besucher gibt es die vom Verein betreute Steinbruchklause, eine Küche mit Speiseraum. Für Veranstaltungen steht ein Vortragsraum mit Technik zur Verfügung. .



Abb. 6: Ein besonderer Besucherservice: eine Fahrt mit der Werksbahn.
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Bildnachweis:
Lok mit Wagen: Gerd Palme (Vereinsvorsitzender)
Alle anderen: Ferdinand Heinz

Letzte Änderung: 27. September 2025




Abb. 7: Haselbachtal, Wegweiser nach Häslich



Abb. 8: Der ehemalige, inzwischen geflutete Steinbruch Häslich


Objekt:
Schauanlage und Museum der Granitindustrie in Häslich / Sachsen

Lage:
Dorfstraße 18
01920 Haselbachtal OT Häslich

Webseite der Einrichtung:
www.steinbruchmuseum.de
Webseite jetzt aufrufen (externer Link)
oder über die Webseite von "Industrie.Kultur.Sachsen"
www.iku-sachsen.de
Webseite jetzt aufrufen (externer Link)

GPS:
51.247478, 14.013523

Abbauzeit:
über 150 Jahre im 19. und 20. Jahrhundert

Gestein:
Lausitzer Granodiorit

Quellen:

ANONYM, Vorwort von JURIJ BRÈZAN (2014): Das Granitmuseum in Häslich. – Häslich (Gemeinde Haselbachtal).

HERRMANN, O. (1899): Steinbruchindustrie und Steinbruchgeologie. – Berlin (Gebrüder Bornträger).

MAI, M. (2003): Schauanlage & Museum der Granitindustrie Häslich. – In: Sächsische Museen, Kleine Reihe 10; Chemnitz (Sächsische Landesstelle für Museumswesen).


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